Rechnungshof kritisiert Beihilfen für Bauern
Die EU-Milliarden für Bauern landen einem neuen Bericht zufolge häufig bei den Falschen. Das geht aus einem Bericht hervor, den der Europäische Rechnungshof am Mittwoch in Brüssel vorgelegt hat.
Demnach verfehlen die Beihilfen oft kleine und junge Betriebe und landen stattdessen - legal - bei Privatmenschen oder Einrichtungen, die kaum oder gar nicht landwirtschaftlich tätig sind.
Eine genaue Zahl nannte der Rechnungshof aber nicht. Zwischen 2009 und 2010 seien Zahlungen an Betriebe in Großbritannien, Italien und Frankreich nur stichprobenartig geprüft worden. «Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass es hier ein Problem gibt», sagte Michael Cretin vom Rechnungshof. «Das alles ist ziemlich weit verbreitet.» Nutznießer der Milliarden aus Brüssel seien häufig «Finanzmenschen, die keinerlei Interesse an Landwirtschaft haben.» In mehreren Fällen empfingen Flughäfen, Campingplätze oder Militärbasen Agrarhilfen.
Der Rechnungshof deckte mehrere solcher Fälle auf: In Spanien erhielten zum Beispiel Inhaber bewaldeter Flächen und felsiger Bergweiden Unterstützung aus EU-Töpfen, obwohl sie das Land nicht pflegten. In Schottland wurden Naturschutzgebiete gefördert, die jahrzehntelang nicht landwirtschaftlich genutzt wurden.
Ein Beispiel in Zahlen: Ein Italiener hatte 2008 einem Bauern für rund 197.000 Euro die Rechte für Beihilfen abgekauft - nicht aber dessen Land. Der Mann mietete stattdessen 45 Hektar günstiges Weideland an einem anderen Ort. Die Tiere eines benachbarten Bauers ließ er dort umsonst grasen, kümmerte sich aber nicht weiter um das Weidland - er selbst wohnt weit entfernt. Dem Mann stehen eine Million Euro an Beihilfen über einen Zeitraum von fünf Jahren zu.
Bei den Einkommensbeihilfen geht es um viel Geld: 2009 umfasste das gesamte EU-Volumen 29 Milliarden Euro. Der Zuschuss ist etwa für Bauern gedacht, die ihr Land umweltfreundlich bewirtschaften und gilt als das «wichtigste Instrument zur finanziellen Unterstützung» von Landwirten. Insgesamt sind die Agrarsubventionen in der EU aber viel höher: Sie lagen 2009 bei knapp 51 Milliarden Euro und machen damit den größten einzelnen Posten im EU-Haushalt aus.
EU-Länder zahlen die Beihilfen auf Basis verschiedener Modelle aus. Am weitesten verbreitet ist die historische Variante - das heißt, dass nur Bauern Beihilfen bekommen, die zwischen 2000 und 2002 gefördert wurden. Junge Landwirte kommen daher schwer an die Gelder. In Deutschland werden dagegen bestimmte Regionen gefördert.
Das Recht auf Beihilfen kann aber auch von Bauern abgekauft werden - und zwar unabhängig von ihrem Land. Häufig verkaufen Landwirte ihre Rechte kurz bevor sie in Rente gehen. Damit die EU-Hilfen fließen, muss der Käufer allerdings auch Land besitzen. In vielen Ländern sind damit die Kriterien für Beihilfen schon erfüllt - auch wenn die deklarierte Fläche nicht direkt landwirtschaftlich genutzt wird.
Die Definitionen in den entsprechenden Gesetzen seien schwammig, kritisiert der Rechnungshof - etwa wenn es darum geht, was eine Fläche zu einer landwirtschaftlichen Fläche macht oder wenn Begriffe wie «landwirtschaftliche Tätigkeit» oder «beihilfefähige Fläche» fallen. In vielen EU-Ländern reiche es schon, wenn eine Herde Schafe theoretisch auf der fraglichen Fläche grasen könnte, sagte Cretin.
Außerdem ist laut Rechnungshof die Verteilung der Gelder unausgewogen. 2009 gingen 84 Prozent der Beihilfen an 25 Prozent der Empfänger. Die Zahlungen seien oft «losgelöst von Logik», so Cretin. (dpa)